Michaela Dilger scheut die Kälte nicht. Eine halbe Stunde vor dem Training stellt sie auf dem Kunstrasen in Schluchsee bereits eifrig Plastikhütchen auf. Sie stehe voll dahinter, die Rede ist von Frauenfußball im Allgemeinen und ihrem Traineramt bei den C-Juniorinnen des SV Schluchsee im Besonderen. Dilger hat selbst 14 Jahre aktiv Fußball gespielt. Eine Zeit mit Hochs und Tiefs sei das gewesen, erzählt sie, eine tolle Zeit, die ihr viel gegeben habe. "Wenn eine Mannschaft funktioniert, ist das eine richtig gute Sache. Jeder hilft dann jedem."
Einige Werte möchte sie deshalb weitergeben: Disziplin, Ehrgeiz, fairen Umgang miteinander, Teamgeist. Weitergeben an die 13- und 14-jährigen Mädchen, die sich auf dem Platz zum Training versammeln. "Das sind unsere Hühner", sagt sie und schaut zu Sigi Sigwart hinüber. "Ja, das sind sie. Es sind Super-Mädels", sagt die Co-Trainerin nickend.
Patricia Stich kommt angelaufen und drückt Michaela Dilger vor dem Training noch schnell eine Packung Schoko-Pralinen in die Hand. Mit dem Skibezirk IV war die 13-Jährige eine Woche in Sölden und hat für die Rennen im Winter trainiert. Weil sie im Fußballtraining gefehlt hat, hielten sie und ihr Skitrainer es für eine gute Idee, Michaela Dilger ein kleines Präsent mitzubringen. Patricia Stich kommt aus Fischbach, seit dem dritten Lebensjahr steht sie auf den Ski und die dort erworbene Fitness kommt ihr auch im Fußball zugute: Sie ist athletisch und laufstark und treibt das Spiel der Schluchseer C-Juniorinnen im Mittelfeld an. Im Winter kollidieren beide Hobbys manchmal, wenn Fußballturniere in der Halle sind, "dann gehe ich meistens zum Kicken", sagt sie.
Auch Cindy Fehrenbacher kommt aus Fischbach. Auch sie ist athletisch und laufstark, auch sie ist schon Skirennen gefahren. Mittlerweile kickt sie nur noch. "Fußball spielen kann man immer, im Winter und im Sommer", sagt sie, das gefalle ihr. Ebenso, "dass es ein Mannschaftssport ist. Man macht ja alles zusammen, trainieren, spielen." Dass sie ein Energiebündel ist, demonstriert sie bei den Torschussübungen. Mit Schmackes kommen die von ihr getretenen Bälle angeflogen, Kraft steckt in beiden Beinen. "Sie treibt die anderen an, sie ist unsere Spielmacherin", sagt Dilger.
Bisher sind die C-Juniorinnen des SV Schluchsee sechsmal in der Kleinfeldstaffel angetreten und haben den Platz sechsmal als Siegerinnen verlassen. Zuletzt ist ihnen ein 12:0-Sieg in Furtwangen gelungen, das bedeutet Herbstmeister mit acht Punkten Vorsprung. "Sie sind ehrgeizig, sehr laufstark und funktionieren als Team", sagt Dilger über ihre Spielerinnen. Zu denen gehört auch die kleine Cosima Schlageter aus Schluchsee. Sie spielt im Sturm, weil sie quirlig ist. Wie viele Tore ihr von den bisher 26 erzielten gelungen sind, weiß sie nicht so genau, ein paar waren es aber auf jeden Fall. Auf die Frage, warum sie und die Mannschaft so erfolgreich spielen, muss sie eine Weile überlegen. Dann rollt sie die Augen hinter den Brillengläsern und sagt: "Wir sind so gut, weil das Training so gut ist." Michaela Dilger gibt das Kompliment zurück: "Die kommen hierher und wollen was machen. Die kann man deshalb im Training auch ruhig etwas härter anpacken, das macht denen nichts aus."
Trainerin und Co-Trainerin haben früher schon gegeneinander gespielt. Sigwart trug das Schluchseer Trikot, Dilger das von Buchenbach. Viele Jahre ist das her, Frauenfußball gibt es in Schluchsee schon lange. Die Nachwuchsarbeit mit Mädchen hat allerdings erst Michaela Dilger vor drei Jahren vorangetrieben. Mit Bruno Hug hat sie damals die E-Junioren des Vereins trainiert, auch ein paar Mädchen waren da schon dabei. Nicht genug für eine Mannschaft, deshalb initiierte sie einen Aufruf über das Gemeindeblatt. 25 Mädchen kamen daraufhin ins Training, mittlerweile hat der SV Schluchsee eine D- und C-Juniorinnen-Mannschaft.
Am Ende des Trainingsabends wird noch gespielt. "Sie sind wahnsinnig kampfstark", sagt Dilger, "die rennen und arbeiten und hinten in der Abwehr haben wir die totale Mauer". Erst ein Gegentor haben sie kassiert. Atemfahnen steigen in der Kälte aus den Gesichtern auf, es könnten auch Rauchzeichen sein: Vorsicht, die Schluchseer Mädchen greifen an.

(Badische Zeitung, 12.11.2008, Ruoff)